Gestern war ich das erste Mal auf der EMO Hannover. Meine Eindrücke werde ich in diesem Bericht schildern.
Üblicherweise gehe ich auf Messen, um dort Kontakte zu knüpfen, bei denen sich beide Partner ergänzen, sprich: Ich werde Zulieferer von dir oder du wirst Zulieferer von mir. Nun ist es ja kein Geheimnis, dass manche Messe-Teilnehmer dieses Prinzip eher als eine Einbahnstraße sehen und die Messe als reine Verkaufs-Werbeshow betrachten. Was ich dennoch zu hören bekam, verschlug mir den Atem: „Wir wollen unsere Abläufe nicht optimieren, da wir ja die Arbeitsplätze erhalten wollen“. Auf die Rückfrage, dass der besagte Industrie-4.0-Ausstatter ja selbst genug Arbeitsplätze vernichtet, die Antwort: „Wir vernichten ja schlecht bezahlte Industrie-Arbeitsplätze und schaffen gut bezahlte Entwickler-Jobs.“ – und damit haben wir die Doppel-Moral: Arbeitsplätze vernichten ist gut, solange dabei bei uns Arbeitsplätze entstehen. Diese werden dann aber durchgefüttert und mit langweiligen, sich ewig wiederholenden Aufgaben beschäftigt. Die Folge: Ein mittelständisches Unternehmen kann nur Großkunden wie VW annehmen, für alle anderen ist und bleibt die Digitalisierung zu teuer.
Ebenfalls erstaunt hat mich, dass ungelogen 4 Hallen voll nur sog. „Werkzeughersteller“ waren, also Firmen, die Bohrer bauen, die nur eines ihrer Konkurrenz voraus haben: Länger bohren. Damit man die Unterschiede auch merkt, stellten die Werkzeughersteller noch weitere Dinge in ihren Ständen auf: Rennautos, Spiele, Süßigkeiten … wenn man sich sonst kaum von der Masse abheben kann.
Die (Fräs-)Maschinenhersteller haben sich indes damit übertroffen, noch größere Maschinen zu bauen, die noch größere Teile fräsen können.
Das Thema IT-Sicherheit hat ebenfalls niemand auf dem Schirm, am wenigsten die Verkäufer. Einen unserer Zulieferer, den wir auf der Messe getroffen haben, haben wir mal damit konfrontiert, dass wir ja sein Produkt aus Sicherheitsgründen komplett von Netzwerk abschirmen müssen, weil ansonsten jede smarte Wanduhr die Mitarbeiter-RFID-Tags ausspionieren könnte. Die Antwort nur: „Da müssen Sie unsere interne Technik fragen, aber ich glaube nicht, dass das so schnell kommen wird, mit der Sicherheit“
Was die Industrie 4.0 angeht, hat inzwischen jeder Hersteller eine eigene proprietäre Schnittstelle, aber keiner einen Plan, wie man das ganze mal vereinheitlicht. Bei den Projekt-Budgets geht wohl jeder davon aus, dass es Entwickler wie Sand am Meer gibt und man sie einfach nur einkaufen muss. Dass die Maschinen inzwischen Massen-Ware sind, ist ja kein Geheimnis mehr. Die Preise für Standard-Maschinen sinken ins bodenlose und plötzlich fällt der Aufwand, überall Spezial-Programmierungen machen zu müssen, ins Gewicht.
Industrie 4.0-Projektplaner habe ich auf der Messe überhaupt keine gefunden. Mir wurde gesagt, es gibt nur wenige, ganz große Unternehmen, die so etwas machen. Eigentlich eine Niesche, die so keine ist: Denn was nutzen einem schon die ganzen Einzel-Maschinen, wenn man sie nicht ordentlich vernetzt? Das, was wir tun, Industrie 4.0-Projekte von grund auf zu planen und bis zum Schluss umzusetzen, ist für die Metaller noch reine Zukunftsmusik.
Interessierte Fabrikbesitzer laden wir gern dazu ein, mit uns in den Dialog zu treten.
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